Donnerstag, 4. März 2010

Burn-Out-Syndrom

Kein Kunstwort ist treffender wie das der Modekrankheit Burn-Out. Ich habe das Burn-Out-Syndrom und fühle mich tatsächlich wie ausgebrannt.
Ich beschreibe im Folgenden meinen ersten burn-out (im zweiten befinde ich mich gerade) und versuche, Lösungen anzubieten, vielleicht kann das relativ chaotisch Zusammengeschriebene dem einen oder anderen unter BOS Leidenden helfen, vielleicht sogar mir selbst, meinen zweiten Burn-Out zu überwinden:
Natürlich ist das BOS eine Zivilisationskrankheit, vielleicht ist es die Zivilisationskrankheit ansich.
Stress, besser Dauerstress ist ihr Auslöser - und Stress lauert in dieser Gesellschaft an jeder Ecke, Stress in der Schule, Stress im Beruf, Stress in der Beziehung, Stress im Kampf ums nackte Überleben. Und es ist müßig zu betonen, daß es unter Naturvölkern und überhaupt in halbwegs gesunden Gesellschaften weder Stress noch BOS gibt. Wie sind Kinder/Produkte dieser Gesellschaft und dagegen kommen wir nicht an, zumindest so lange nicht, wie wir nicht total mit dieser Gesellschaft brechen. Aber wer kann das schon? Ist dem, der es versucht, das Risiko bewußt, in der sogenannten Gosse zu enden, in Hunger, Dreck und Einsamkeit?
Der Winter 1997/98 war die letzte stressfreie Zeit, an die ich mich erinnere. Ich lebte glücklich und zufrieden als alleinerziehener Vater mit meinem Sohn zusammen, schrieb Artikelchen, hielt Vorträge und jobbte, weil das Einkommen aus meiner Arbeit als freier Historiker nicht reichte. Jeden Tag, den Allah werden ließ, fand ich Zeit, viele gemeinsame Stunden mit meinem Sohn zu verbringen...
Plötzlich, es wurde Frühjahr, passierte es: Ich verfiel der Liebe. & zwar so, wie nie zuvor oder danach in meinem Leben. Und das schlimmste: Dieser Frau, die meinem Ideal davon in jeder Weise widersprach, ging es auch so. Anfangs floh ich, zeigte mich von meiner ekelhaftesten Seite, ich dachte an mein Kind - und hatte Angst, es durch diese Beziehung zu verlieren...--- Es nützte nichts, wir glaubten bald uns seelenverwandt und beschlossen sofort zu heiraten. Ein halbes Jahr später zogen wir zusammen und der Kampf zwischen uns, der quasi am Tag der Eheschließung begonnen hatte, wurde zum totalen Ehekrieg. 24 Stunden am Tag glaubte ich, mein Kind vor meiner Ehefrau, die es immer mehr haßte, und seiner leiblichen Mutter (grundlos) beschützen zu müssen... Es war für uns beide die größte Liebe unseres Lebens, aber wir konnten sie keinen Moment leben, wir hatten rund um die Uhr nur Stress miteinander... Ich begann zu saufen...
Anfang 2000 zog mein Sohn zu seiner Mutter. Etwa zur gleichen Zeit gründete ich DSF, der Ehekrieg tobte noch stärker. Statt ihn zu beschreiben behaupte ich, der Film "Der Rosenkrieg" von D. de Vito ist die Kinderfassung dessen, was zwischen uns ablief & am Schluß gab es fast Tote. Im September trennten wir uns, erst jetzt erfuhr ich, daß meine Frau (Kinder- und Jugendpsychiaterin) sich selbst für unheilbar psychisch krank hielt, was sich unter anderen dadurch äußerte, daß ihre Destruktivität immer (seit frühester Kindheit) alles zerstören mußte, was sie liebte und was von ihr geliebt wurde; mein Sohn und ich waren fast Opfer dieser nach außen gerichteten Selbstzerstörungswut einer relativ seltenen nekrophilen Zivilisationskrankheit geworden...
Ich hatte die beiden Menschen verloren, die mir am meisten bedeuteten; nicht ganz, meine Noch-Ehefrau versuchte alles, um meine Existenz zu vernichten. Ich kämpfte. Mein Alltag sah in etwa so aus:
6:00 Uhr aufstehen, bis 10:00 Uhr: ebay-Geschäfte, ab 10:00 Uhr: Einweisung meiner Praktikannten, Nachmittags und Abends: Pflege der Geschäftsbeziehungen, Abends und Nachts: Konzeptionelle Arbeit an DSF... Dazu die ständige Konfrontation mit den neuesten Schandtaten meiner Exe & das Betreiben von Schadensbegrenzung. -
Nach der Scheidung hörte sie auf (bis auf wenige Rückfälle) und setzte eine Freundin auf mich an, die über ihren Freund, der an meinen Projekten interessiert war, Auskunft erhalten sollte, ob ich bereit sei u.U. den Kampf der Geschlechter weiter und diesmal vielleicht zu einem tödlichen Ende zu führen...
Anfang 2001 hatten wir die Konzeption von Der Schöne Fall dergestalt geändert, daß wir nun als Ziel einen zukunftsorientierten Forschungs- und Freizeitpark hatten. Ich identifizierte mich mit DSF, außerhalb meines Projektes existierte nichts. Und der Erfolg kam auf jeder Ebene, Kommunalpolitiker versicherten uns ihrer Sympathie, natürlich ohne den Safe zu öffnen & schließlich fanden wir doch und schnell ein internationales Consortium, daß uns eine Startfinanzierung zusicherte.
Dann kam der 11.September (siehe Der 11.September 2001 und Der Schöne Fall) - und unter den vielen teils schadenfrohen (...dieser Anschlag ist das Ende von DSF...) Anrufen war auch einer des Freundes der Freundin meiner Ex-Frau: Hast Du nicht Lust, stiller Teilhaber an meiner Künstleragentur zu werden?
In meiner Verzweiflung sagte ich zu, versuchte, mir einzureden, es ist egal, ob man ein Nobelantiquariat betreibt oder einen Gurkenladen. Ich zog Gewerberäume für ein Jahr mietfrei ans Land, entwickelte 24Stunden am Tag die Konzeption für dieses fremde Projekt. Sylvester stand es. Ich ließ meinen Teilhaber sich mit meinen Federn schmücken, es machte mir nichts aus, das Projekt war idiotensicher, spätestens im März 2002 würde es Gewinn abwerfen, ich wäre als Stiller Teilhaber laut Vertrag grundversorgt und könnte DSF wieder in Angriff nehmen. Im Oktober zuvor hatte ich nach meiner Ehe, die zweite Doppelgängerin meine Ex-Frau kennengelernt und plötzlich kam mir in den Sinn, mit dieser einen Film zu machen, dessen Idee mir zusammen mit der ersten Doppelgängerin, einer Praktikanntin von DSF, gekommen war.
Ich nahm mir zwei Wochen Auszeit, machte den Film als Teil der DSF-Konzeption (so dachte ich).
Zurück zum Kunstprojekt gekehrt mußte ich sehen, daß mein Teilhaber die gesamte Startfinanzierung inzwischen versoffen und schlimmer noch unsere gemeinsame Konzeption vergessen hatte und nun Kleinkunst produzieren wollte - und zwar schlechte & das in Berlin, wo man kaum mit guter Kleinkunst Geld verdienen kann...
Wir schieden im Unfrieden.
Der Film war geschnitten, ich sah ihn mir an & heulte - das letztemal in meinem Leben - wie ein Schloßhund, der Film war nichts weiter als ein Stück Vergangenheitsbewältigung meiner zweiten Ehe. Zwar bemühte ich mich, ihn zu verkaufen, doch halbherzig...--- Schulden hatte ich seit meiner ersten und mit Sicherheit letzten Zusammenarbeit mit einem Alkoholiker, es störte mich nicht. Ich schlief tagelang, schleppte mich mitunter zum Essen in das Lokal vorm Haus... Alle Kontakte zu meinen Freunden brachen ab, ich riß mich alle zwei Wochenenden zusammen, wenn mein Sohn mich, und die anderen, wenn ich meine Eltern besuchte, um mich durchzufressen und ein paar Euro abzufassen...
Das ging etwa drei viertel Jahre so. Ich war leer, ich konnte nicht einmal meine Post mehr lesen... Inzwischen führte mich die einzige verbliebene Mail-Freundin zum Glauben an Reinkarnation, ja, damit ließ sich vieles erklären, aber mein Zustand nicht ändern...---
Und ein Jahr nach dem Scheitern von DSF wurde mir bewußt, daß ich es war, der mein Projekt angesichts des bildgleichen Anschlags der USA-Terroristen auf ihr eigenes Volk verraten hatte. Wollten wir nicht laut Slogan Das Destruktive konstruktiv umsetzen? Wollten wir nicht zeigen, daß nur der Mensch es ist, der bestimmt, ob Energien sich zum Guten oder Bösen wenden? Und ich - besser, der kleine Spießer in mir hatte sich von der allgemeinen Meinung mitreißen lassen, indem er das Projekt DSF 3003 nach dem Terroranschlag ob seiner Bildgleichheit erst einmal fallen ließ! Ich war nicht stark genug gewesen, ich hatte versagt...---
Schließlich stieß ich dank Abida Parveen wieder auf meine alte Religion und dank dieser und meiner Mutters Hilfe kam ich langsam aus dem Burn-Out.

Und heute? Meine Mutter ist tot. Ich habe nur noch die Religion...
Warum Religion?
Man kann über Religion sagen, was man will, man kann sie ablehnen, verächtlich machen... Dennoch, die Ruhe, die uns in einer Burn-out Krise das Versenken in unsere Religion geben kann, ist der einzige Kraftquell, der uns aus der Krise zieht... - Und man muß den Begriff Religion sehr weit dehnen, wir können auch die Sonne anbeten oder den Mond. Wichtig ist, daß der Ruhepunkt der eigentlich in unserem Innern liegen sollte und durch den permanenten Dauerstress aus dem Gleichgewicht kam, im Äußeren gefunden wird und durch das Gebet, die Meditation oder ähnliche Rituale in uns wieder hineingezogen wird...
Durch Allah bin ich aus meiner ersten Burn-out-Krise gekommen, aber es hätte auch Christus sein können oder der Baum vor dem Fenster...

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