Donnerstag, 30. Juli 2009

Die Wahrheit über den Mauerbau - Ein Interview mit Walter Ulbricht

Nimmt man die Darstellung der Widervereiniger Deutschlands ernst, so erfährt man, die SED-Clique der DDR war ein Haufen brutaler Sadisten, die ihre Bevölkerung unterdrückte, quälte und schließlich grundlos hinter einer Mauer einsperrte.

Daß diese Darstellung so nicht ganz korrekt ist, dämmert vielleicht mitunter sogar Kurt oder Lieschen Müller, obwohl sie als gemeine Westler seit ihrem Eintritt in die beste aller Welten nicht nur wöchentlich die Haare sondern täglich ihr Gehirn gewaschen bekommen (und letzteres völlig kostenlos!).
Doch auch der gemeine Ostler ist mitunter verwirrt ob des Tagesschaubildzeitungsspiegel-Geheule über den ach so furchtbaren Unrechtsstaat DDR (den Ältern beiderlei Geschlechts noch als Ost- oder kurz Zone bekannt).

Im Bestreben, stets Klarheit zu schaffen, geht Der Schöne Fall mitunter ungewöhnliche Wege. Bei der Frage nach der Wahrheit über den Mauerbau bedienten wir uns einer der wichtigsten Errungenschaft des modernen Kapitalismus, dem Esoterik-Markt.
Nachdem wir mit mehr oder weniger großem (die Herausgeber der betreffenden Werke zumindest mit ordentlichem) Gewinn, frei und ohne die Zensur eines SED-Regimes zu fürchten, Lebenshilfe von C. G. Jung und anderen aus dem Jenseits via dicker Bücher erfahren durften, versuchten wir selbst mittels Geisterbeschwörung (neudeutsch: Channeling) Kontakt mit jenem Mann aufzunehmen, der dir Sache mit dem Mauerbau am besten wissen muß.
Zunächst luden wir eine der vielen kostenlosen Gebrauchsanweisungen zur Geisterbeschwörung aus dem Internet herunter. Und nach dem ausführlichen Studium des "Channelings für Dummies" versuchten wir unser Glück.
Anfangs waren wir skeptisch, das Channeling klappte zwar auf Anhieb, aber statt unseres ehemaligen Staatsratsvorsitzenden und 1.Sekretär des Zentralkomitees der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands meldete sich eine Stimme, die uns bat, Die Internationale zu singen, und zwar rückwärts und auf spanisch; es war irgendein Idealisten-Depp, der sich als Che Guevara (oder so ähnlich) vorstellte.
Der Schöne Fall brach diesen Versuch ab und versuchte es einige Tage später erneut. Diesmal klappte es, na ja, es klappte fast: Lotte Ulbricht war am Apparat. Wir konnten gegenseitig Kochrezepte austauschen. Und nachdem Lotte fast darüber verzweifelte, daß sie als Geist ja nichts mehr essen könne und somit nie in den Genuß unseres Einheitsbreis käme, vermittelte sie uns schließlich doch an ihren ewigen und mehr oder minder seeligen Gatten weiter. Wir schön ist doch eine Ehe, die über das Grab hinaus verbindet! - Doch über das Liebesleben von Lotte und Walter im Jenseits zu schreiben verbietet uns der Takt und das ihnen gegebene Große Pionierehrenwort.

Hier also das unzensierte Interview mit Walter Ulbricht:

Heinrich S. Ehrenberg: Genosse Ulbricht...

Walter Ulbricht: Ach, sagen Sie ruhig Walter zu mir oder besser Väterchen...

HSE: Ich dachte, deser Titel wäre Stalin vorbehalten; aber nun gut, Väterchen Ulbricht, wie war das eigentlich mit dem Mauerbau?

WU: Den Antifaschistischen Schutzwall meinen Sie?

HSE: Genau diesen. In wenigen Wochen jährt sich der sogenannte Fall der sogenannten Berliner Mauer zum 20. Mal und in den Westmedien ist noch immer ausschließlich die Rede davon, daß Sie ihre Bürger einsperren und so von den fetten Fleischtöpfen des Kapitalismus fernhalten...

WU (unwirsch): Ach, hören Sie auf mit diesem Unsinn... Sie wissen doch selber...

HSE: Wenn ich wüßte, müßte ich nicht Fragen.

WU: Also passen Sie auf. (Habe ich schon erwähnt, daß Väterchen Ulbricht im Jenseits nicht mehr sächselt?) Das ist eine lange Geschichte... - Wie Sie wissen, wurde die Teilung Deutschlands von den imperialistischen Westmächten betrieben. Sie wollten Deutschland, möglichst Gesamtdeutschland als Bollwerk einsetzen gegen die sozialistische Sowjetunion. Wir befanden uns im Kalten Krieg, wie Sie wissen. Genosse Stalin aber wollte Frieden...

HSE: Die Sowjetunion hätte nach dem langen Krieg mit Nazideutschland den von einem Krieg auf eigenem Boden verschont gebliebenen USA nicht lange standgehalten...

WU: Natürlich. Genosse Stalin war auch Pragmatiker, bis zuletzt hielt er an seiner Vorstellung eines neutralen Deutschlands fest. Das führte schließlich dazu, daß die Sowjetunion im Juni 48 aus Protest gegen die Teilungspolitik der Westmächte den Alliierten Kontrollrat verließ...

HSE: Und die Betroffenen, die Deutschen, was wollten die?

WU: Junger Mann, hatten Sie keinen Geschichtsunterricht?

HSE: Ich habe Geschichts sogar studiert, aber die Deutschen haben mich, ehrlich gesagt, nie sehr interessiert...

WU: Das ist schlecht, kein Heimatbewußtsein also... Ich selbst, außer dem Exil in der Sowjetunion, ich habe meine Heimat nie verlassen...- Also die Deutschen, die Deutschen hatten zwar zum Glück den Krieg verloren, aber sie fühlten doch als ein Volk, Sachsen wie Bayern, Rheinländer wie Mecklenburger...- Noch im Sommer 1948 gab es ein letztes Volksbegehren für die Einheit Deutschlands, in der SBZ stimmten 14,8 Millionen Bürger für eine "Unteilbare deutsche Republik"...

HSE: Also etwa die gesamte wahlberechtigte Bevölkerung...

WU: Ja, mein Freund. Die Westalliierten verboten die Abstimmung in den Westzonen, trotzdem stimmten eineinhalb Millionen Bürger für die Einheit. Fast zeitgleich kam es zur Währungsreform in den Westzonen. Wir mußten reagieren, wir mußten immer nur reagieren... Während wir noch verhandelten, hatten die Imperialisten schon gehandelt und immer, immer gegen das deutsche Volk. Auch nach der Währungsreform gab es Versuche des Genossen Stalin, dem Wunsch des gesamtdeutschen Volkes zu entsprechen und das Land nicht zu teilen. Doch was geschah? Im Mai 49 gründeten der US-Imperialismus zusammen mit ein paar alten Nazis als Marionetten die BRD, gewissermaßen als Truppenstützpunkt und Stoßspitze des Klassenfeindes gegen die Sowjetunion und die anderen sozialistischen Bruderstaaten. Den Ländern der Ostzone bot man großzügig an, dieser Bundesrepublik beizutreten, um somit einen gesamtdeutschen kapitalistischen Staat möglicherweise in einen 3. Weltkrieg zu führen...

HSE: Die Unterwerfung der DDR unter die Bunte Bananenrepublik geschah dann genau 40 Jahre später...

WU: Bunte Bananenrepublik, das ist gut, das trifft es...--- Wieviele wertvolle Bürger der Deutschen Demokratischen DDR verließen ihre Heimat, angelockt von den leeren Versprechungen der Glitzerwelt, die der RIAS und andere Hetzsender ununterbrochen über den Äther schickten... (Walter Ulbricht wischt sich eine Träne aus dem Auge)

HSE: Und der lächerliche Bananen- sprich Divisenmangel in der DDR wurde quasi zum Symbol der Unfreiheit der Ostdeutschen...

WU: Vielleicht habe ich den Fehler gemacht, daß ich die Menschen zu ihrem Glück zwingen wollte...- Ich, ich weiß es nicht. Aber sehen Sie, in der Deutschen Demokratischen DDR waren doch alle Möglichkeiten offen, den Sozialismus zu errichten, die großen Visionen von Marx, Engels und Lenin umzusetzen...- Doch der Klassenfeind ließ nicht locker, in der BRD wurden alte Nazi-Militärs begnadigt und mit ihnen die Bundeswehr gegründet, eine Armee, die im Auftrag der NATO und des amerikanischen Großkapitals nur eines in Sinn hatte, die DDR und die anderen jungen sozialistischen Staaten zu unterjochen. - Und wieder mußten wir reagieren, zur Verteidigung unserer Errungenschaften mußte eine Armee her, eine Nationale Volksarmee - und das, obwohl das Motto unserer Regierung war: "Nie wieder Krieg!" und wir eigentlich kein Geld für's Militär hatten...

HSE: Und dann kam der 17.Juni?

WU: Ja. Die Deutsche Demokratische DDR hatte keinen Marshall-Plan. Und die Sowjetunion war selbst arm und vom Krieg verwüstet. Mehr noch, die DDR übernahm alle Reparationszahlungen an die Sowjetunion, das war in etwa das gesamte volkswirtschaftliche Einkommen des Landes. Wir alle, alle wußten doch, wie schwer es war, unter diesen Bedingungen aus den Ruinen den ersten sozialistischen Staat auf deutschem Boden aufzubauen. - Um morgen mehr essen zu können mußten wir, wir alle, auch die Genossen der Staatsführung, heute mehr arbeiten... - Das war der Hintergrund des 17. Junis 1953.

HSE: Welche Rolle spielte der Westen dabei?

WU: Die Hauptrolle. Natürlich ist es nachzuvollziehen, daß den Menschen der Deutschen Demokratischen DDR, die den permanenten Lügen der vor allem westberliner Hetzsender auf den Leim gingen, Zweifel an ihrer historischen Aufgabe kamen; pumpten die imperialistischen USA doch ihren Wohlstandsmüll in die Läden am Ku'Damm - und in der DDR gab es noch immer Lebensmittelmarken... Die beschlossenen Normerhöhungen waren dann der Anlaß für den Klassenfeind, um zuzuschlagen. CIA-Agenten und von ihnen gedungene Kleinkriminelle zogen pöbelnd durch Ostberlin und begannen die Angehörigen unserer demokratischen Volkspolizei zu beschimpfen und mit Steinen zu bewerfen. Und wie das so ist...schlossen sich ein paar hundert verhetzter DDR-Bürger an...

HSE: So wie heute beispielsweise bei den Demos der Autonomen die V-Männer vom Verfassungsschutz zuerst die Steine werfen.

WU: Die Mittel des Klassenfeindes sind immer die gleichen...

HSE: Und trotzdem durchschaut das Volk sie nicht...

WU: Jedenfalls setzte die Sowjetunion nach dem 17. Juni die Reparationsforderungen aus. Und mit diesem Geld konnten wir den Lebensstandard der DDR-Bürgern langsam und bescheiden anheben. - Aber es half nichts. Der 17. Juni wurde von denen, die diese konterrevolutionäre Bewegung initiiert hatten, als Hauptargument ihrer Hetze gegen unsere junge Demokratie benutzt...

HSE: Die Welle der Republikflucht setzte ein... - Ich muß gestehen, daß ich auch zu jenen Idioten gehörte, die die DDR verlassen haben...

WU: Und?

HSE: Tja, nach sechs Wochen merkte ich, welcher Fehler es war. Ich hatte meine relative Unfreiheit eingetauscht gegen das Joch der Sklaverei durch das Kapital, die Diktatur des Proletariats gegen die der Dummheit und Korruption...

WU (lacht): Aber es gab kein Zurück?

HSE: Nein, und es hat viele lange Jahre gebraucht, mir selbst einzugestehen, daß das Verlassen der DDR gewissermaßen ein Verrat an mir selbst, meinen eigenen Zielen und Idealen war...

WU: Wann kamen Sie nach den Westen?

HSE: Anfang der 80er Jahre.

WU: (winkt ab) Da war ohnehin bereits alles zu spät. Da war unser Vaterland bereits am Ende, durch Erich und seiner Verbrecherclique, die ihre Ideale für Westgeld und ihre persönliche Eitelkeit verraten haben; Honnecker, dieser kleine dumme FDJnik hat unseren Staat ruiniert, er hat ihn den Imperialisten gewissermaßen verkauft... - Nicht Leute wie Sie, Erich hat die DDR verraten! (Väterchen Ulbricht spuckt aus) Aber damals, vor 61, da war es wirklich Verrat, die DDR zu verlassen, Verrat am deutschen Volke, Verrat an der Geschichte, Verrat schließlich an jenem inneren besseren Menschen in jedem von uns!

HSE: Und es waren ja wohl Millionen, die ihre historische Chance nicht begriffen...?

WU: Und vor allem Facharbeiter, die Intelligenz...--- Stellen Sie sich vor, da kommen 40 Schüler des morgens in ihre Klasse, aber der Unterricht kann nicht stattfinden, weil ihre Lehrer abends zuvor nach dem Westen gingen. In der Charité verbluten Unfallopfer, weil die Notärzte mitten im Dienst die S-Bahn nach Westberlin besteigen, angelockt vom Geld des Klassenfeindes...

HSE: Die DDR blutete de facto aus?

WU: Das tat sie...--- Mehr noch, Ingeniere flohen der DDR mit ihren neuesten Erfindungen, die sie im Westen teurer verhöckern konnten, Kriminelle entgingen der Polizei via S-Bahn nach Westberlin...- Die DDR stand kurz vor dem wirtschaftlichen Kollaps.

HSE: Man kann es sich vorstellen. - Und dann war doch noch dieser Schwindelkurs? Ich habe mal die Geschichte gehört, daß selbst Kinder aus Berlin Mitte Flaschen sammelten, sie über der Grenze gegen West-Pfand eintauschten, und dann in den Wechselstuben des Westgeld 1:4 in Ostgeld tauschten. An dieser kleinen Geschichte wurde mir die fatale Lage der DDR-Wirtschaft jener Zeit deutlich... Und der Westen unternahm ja nichts dagegen...

WU: Im Gegenteil, es gehörte zur Strategie der imperialistischen USA und ihres Vasallenstaates BRD die DDR wirtschaftlich ausbluten zu lassen, Unruhe zu stiften und so für eine Übernahme durch den Klassenfeind vorzubereiten.

HSE: Hätte die diplomatische Anerkennung der DDR etwas geändert?

WU: Die diplomatische Anerkennung durch die BRD, meinen Sie? Vielleicht... Aber daran war nicht zu denken, die BRD war nicht nur alleiniger Erbe der Nazi-Vergangenheit sondern hatte auch den sogenannten Alleinvertretungsanspruch und sie hatte die Vernichtung des Sozialismus, der Freiheit, der Demokratie in Deutschland auf ihre Fahne geschrieben...

HSE: Gab es also keine Alternative zum Mauer... zur Errichtung des Antifaschistischen Schutzwalls?

WU: Im ersten Halbjahr 1961 hatten mehr als eine Million Menschen ihrer Heimat DDR den Rücken gekehrt; was konnten wir tun? Dennoch überraschte mich bei der Konferenz der sozialistischen Bruderstaaten im Frühsommer das Anliegen der Genossen, ich solle die DDR-Grenzen Richtung Westen schließen lassen.

HSE: Es war also nicht Ihre Entscheidung?

WU: Junger Mann, solche schwerwiegenden Entscheidungen konnte nur die sozialistische Staatengemeinschaft gemeinsam beschließen. Wußte ich, wie der Westen reagiert? Wußten wir, ob die Schließung der DDR-Grenzen nicht von der NATO als Vorwand benutzt wird, unser Land zu überfallen? Glauben Sie mir, ich war verzweifelt, ich konnte nachts nicht schlafen, bis zum letzten Termin suchte ich nach einen anderen Ausweg. Wollten wir nicht unsere Bürger vom Kapitalismus befreien? Und nun hieß es, sie zu ihrem Schutz gewissermaßen vor den Kapitalisten wegzusperren...- Was tun? Hätten die Imperialisten erst einmal die DDR erobert, so wäre es auch bald mit allen Bruderstaaten geschehen. Oder es wäre zuvor zum Krieg gekommen...

HSE: Daß der US-Imperialismus jeden geringen Vorwand zum Krieg führen kann, wissen wir ja auch aus der jüngsten Vergangenheit... - Und denken Sie an Korea, Vietnam, die sogenannte Cuba-Krise, an all die Konterrevolutionen die der US-Imperialismus in Südamerika anzettelte...

WU: Dennoch. Hätte mir Lotte nicht in diesen schweren Tagen beigestanden, vielleicht hätte ich die Entscheidung nie gefällt und wäre zurückgetreten, es ging doch um die Zukunft des deutschen Volkes und um den Weltfrieden! Ja, eigentlich hat Lotte mich zu der Entscheidung mehr oder minder überredet.

HSE: Aber als Sie in Ihrer Rede hielten, mitte Juni 61 war es wohl, und sagten "Niemand hat die Absicht eine Mauer zu errichten", war der Bau da schon beschlossen?

WU: Bei Chrutschow ja, ich zweifelte noch, wie gesagt, ich hatte wirklich nie die Absicht, eine Mauer zu bauen...

HSE: Eine sogenannte Freudsche Fehlleistung also?

WU: Ich weiß es heute nicht mehr; aber was tun?

HSE: Sto delatsh...

WU: Lenin...ja. (Väterchens Augen glänzen bei diesem Namen)

HSE: Wenn ich das alles, was Sie sagen, überdenke, Väterchen, so kann man guten Rechtes davon ausgehen, daß ihre hochverehrte Gattin sie gut beraten hat, letztendlich hat die Errichtung des Antifaschistischen Schutzwalls den 3.Weltkrieg verhindert.

WU: Und als er wegfiel, da gab es keinen Kalten Krieg mehr.

HSE: Und im Kreml regierte nicht mehr der Sozialismus sondern die Mafia.

WU: Jetzt muß ich Sie aber verlassen, Lotte ruft.

HSE: Danke, Väterchen, für das Gespräch; ich hätte da noch ein paar Fragen, ein anderes Mal vielleicht?

WU: Gern, Sie wissen ja, wo Sie mich finden.










Das Interview führte Heinrich S. Ehrenberg. (Ich muß erwähnen, daß die andere Hälfte von Der Schöne Fall dem Wahrheitsgehalt von gechannelten Texten eher skeptisch gegenübersteht. HJS)

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