Freitag, 13. November 2009

Muß die Geschichte der Bunten Republik Deutschland der letzten 42 Jahre revidiert werden?

Heute findet im Amtgericht Berlin-Tiergarten der Prozeß gegen Karl-Heinz Kurras wegen illegalen Waffenbesitzes statt. Gleichzeitig ermittelt die Justiz, ob Kurras für seinen vor 42 Jahren begangenen Mord vor Gericht gestellt wird.
Dies wurde offenbar nur möglich, nachdem erst im Frühjahr dieses Jahres der ehemalige Polizist als Stasi-Spitzel entlarvt wurde.
Wir erinnern uns, Kurras (heute 81) hatte am 2. Juni 1967 den demonstrierenden Studenten Benno Ohnesorg heimtückisch und hinterrücks erschossen. Die Tat, die man jahrelang auf den Übereifer eines subordinären Staatsdieners schob, und die, nach Kurras Freispruch vom Herbst 1967, die Gewaltbereitschaft von Teilen der APO förderte und schließlich zumindest indirekt zur Gründung der RAF beitrug, kann also einen ganz anderen Hintergrund haben.
Es ist müßig zu fragen, warum die Justiz, die gegenwärtig gleichzeitig zum Mordverdacht in Richtung Landesverrat ermittelt, damals sich nicht der Mühe unterzog, die Motive Kurras in jene Richtung zu hinterfragen, wie sie es offenbar heute tut. Man handelte wohl nach dem Grundsatz Guter Staatsdiener - Böser Demonstrant und nach dem Rechtsprinzip Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus. Ansonsten wäre der Nutzen, den Kurras für die Kalten Krieger im Westen abgeworfen hätte, weitaus größer gewesen als der Nutzen durch die RAF.
Doch wenn wir die Blindheit der Justiz von damals verurteilen, so macht das weder Ulrike Meinhof noch Hanns Martin Schleyer wieder lebendig, noch die Polizeistaatisierung der Bunten Republik rückgängig.
Wichtiger ist, daß - sollte Kurras im Auftrage der Kalten Krieger im Osten gehandelt haben, um das zu erreichen, was schließlich de facto im Westen eintrat, teils bürgerkriegsartige Hysterie - die deutsche Geschichte der letzten 42 Jahre umgeschrieben werden muß.
Zwar habe ich den Staatssicherheitsdienst nie als so intelligent kennengelernt, um gängige Methoden des USA-Terrorismus anzuwenden, aber man weiß ja nie, auch ich kann mich irren.
Jedenfalls bleibt der Fall Kurras spannend.

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